Seminarprogramm 2008
Philo I: Was heißt „wirklich philosophieren“? Eine Einführung in die Philosophie. |
Zeit |
Eintägige Einführungsveranstaltung, 17. November 2007 |
Ort |
DKFZ Heidelberg
Webseite
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Organisation |
Dr. Katrin Platzer |
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Mit
der Philosophie ist es nicht einfach. Angeblich hat sie etwas mit
Weisheit zu tun. Das Wort stammt aus dem Griechischen und ist etwa 2600
Jahre alt. Pythagoras, den berühmten Denker, nannten seine Mitbürger
den „Weisen“ (sophos). Wer ist schon weise, pflegte Pythagoras
einzuwenden. Er selbst bezeichnete sich als ein Freund (philos) der
Weisheit (sophia) – als Philosophen.
Ein Philosoph ist also jemand, der die Weisheit liebt oder ihr aber
zumindest freundschaftlich verbunden ist. Dieser Gedanke wirft eine
Frage auf, die in fast jedem Einführungswerk in die Philosophie
gestellt wird: Wann beginnt die Philosophie? Tatsächlich 600 Jahre vor
unserer Zeitrechnung im antiken Griechenland?
Wenn wir diese Frage ernst nehmen, müssen wir natürlich antworten:
Nein, sicher nicht. Seit das Bewusstsein im Menschen erwachte, setzt er
sich mit Fragen auseinander, die sein Herkommen und Hingehen, den
Zusammenhang der Dinge und seine Aufgabe in der Welt thematisieren.
Wenn das richtig ist, warum beschäftigen wir uns überhaupt mit
Philosophen? Diese Frage ist nicht von der Hand zu weisen. Die Lehren
der Philosophen sind nicht mit der Weisheit an sich identisch. Sonst
bräuchten wir nur ein Buch zu lesen, und wir wären weise. Dies ist aber
– bedauerlicherweise oder glücklicherweise – nicht so.
Philosophie kann man nicht lernen, man kann nur lernen, zu
philosophieren, so der deutsche Aufklärungsphilosoph Immanuel Kant. Die
Ideen von Menschen, die über unser Leben nachgedacht haben, können
wichtig sein, weil sie uns zu eigenen Gedanken anregen. Das Denken kann
uns aber keiner abnehmen.
Wir werden sehen, dass die Überlegungen der früheren Denker heute noch
ebenso interessant sind wie damals - und dass Selberdenken wirklich
Spaß macht. Philosophie ist keine angestaubte Wissenschaft, sie gehört
zum Menschen dazu. Halten wir es mit Blaise Pascal, der einmal meinte:
„Sich über die Philosophie lustig machen, heißt wirklich
philosophieren.“ |
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Philo II: „Citoyen“ und „homme de nature“: Politik und Pädagogik bei Jean-Jacques Rousseau. |
Zeit |
14.-16. Dezember 2007 |
Ort |
Butenschoen-Haus, Landau
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Organisation |
Dr. Katrin Platzer |
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Aufgrund
seiner Vielseitigkeit gilt der französische Philosoph Jean-Jacques
Rousseau (1712-1778) als einer der interessantesten "Klassiker"
überhaupt. Was aber ist ein Klassiker und inwiefern ist Rousseau als
ein solcher einzuschätzen? Rousseaus Werk war für die politische
Philosophie, die Geschichtsphilosophie und die Pädagogik von
wesentlicher Bedeutung. Dabei vertrat er in beinahe allen Fragen eine
von der herrschenden Auffassung – wir befinden uns im Zeitalter der
Aufklärung - abweichende Meinung. Charakteristisch sowohl für für seine
politischen als auch für seine pädaggischen Überlegungen ist seine
Diagnose von der ursprünglichen Güte des Menschen einerseits und der
Entartung des Menschen in der Gesellschaft andererseits.
Hier artikuliert sich seine tiefgreifende Kulturkritik, die durch die
Abwendung vom Fortschrittsoptimismus der Aufklärung gekennzeichnet ist.
Rousseau bietet zwei unterschiedliche, ja gegensätzliche Optionen an,
wie dem Zustand der zivilisatorischen Dekadenz zu entgehen ist: zum
einen auf dem Weg einer gesellschaftlich-politischen Reform, zum
anderen auf dem Weg der Erziehung des Menschen. Die unterschiedlichen
Entwürfe des "citoyen" und des "homme de nature" werden in
unmittelbarer zeitlicher Nähe verfaßt: Der "Gesellschaftsvertrag"
(1762) skizziert die Grundzüge eines utopisch-idealen Staatswesens, die
Erziehungsutopie "Emile" (1762) beschwört die Hoffnung auf ein privates
Glück in einer verfallenden Gesellschaft. |
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Philo III: Was heißt schön? Eine Einführung in die Ästhetik. |
Zeit |
22.-24. Februar 2008 |
Ort |
Butenschoen-Haus, Landau
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Organisation |
Dr. Katrin Platzer |
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Unter
Ästhetik (gr. aísthesis: sinnliche Wahrnehmung) verstand man bis zum
19. Jahrhundert vor allem die Lehre von der Schönheit. In unserer
Alltagssprache wird der Ausdruck ästhetisch heute meist als Synonym für
schön, geschmackvoll oder ansprechend gebraucht. In der Wissenschaft
subsumiert der Begriff hingegen alle diejenigen Eigenschaften, die
maßgeblich dafür sind, wie Menschen Gegenstände wahrnehmen. In der
Philosophie wird das Wort häufig abweichend gebraucht. Ästhetik meint
entweder die Theorie der sinnlichen Wahrnehmung allgemein oder aber
eine philosophische Theorie von Kunst.
Die Veranstaltung führt in die Geschichte der Ästhetik von der Antike
bis zur Postmoderne ein. Hieran knüpft eine intensive
Auseinandersetzung mit ästhetischen Phänomenen an. Das Seminar, das die
einschlägigen ästhetischen Theorien von Platon, Plotin, Baumgarten,
Burke, Kant, Hegel, Nietzsche, Adorno und Lyotard versammelt, hebt mit
allgemeinen Überlegungen zum Sein des Schönen sowie zur Frage des
Geschmacks an und führt in eine Auseinandersetzung mit aktuellen
Kunsttheorien hinein, die sich unter anderem mit dem Begriff der
Postmoderne und der Kategorie vom Ende der Kunst beschäftigen.
Im Rahmen der Veranstaltung werden folgende Fragen aufgeworfen und
versuchsweise beantwortet: Was ist schön? Was ist das Schöne? Was ist
das Erhabene? Was ist Hässlichkeit? Was ist Geschmack? Haben Objekte
ästhetische Eigenschaften? Wie empfindet der Mensch ästhetische Werte?
Welche kulturgeschichtliche Rolle spielt die Proportion? Wie empfindet
der Mensch geometrische Proportionen? Was ist Kunst? Wie beurteilt man
Werke der Kunst? Was ist Kunst-Kritik? Wo verläuft die Grenze zwischen
Kunst und Nicht-Kunst? Was heißt Moderne? Was heißt Postmoderne? Gibt
es ein Ende der Kunst? |
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Philo IV: „Was die Welt im Innersten zusammenhält“ – Eine Einführung in die philosophische Kosmologie. |
Zeit |
02.-04. Mai 2008 |
Ort |
Butenschoen-Haus, Landau
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Organisation |
Dr. Katrin Platzer |
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Die
physikalische Kosmologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Fragen
nach dem Anfang des Universums, seiner großräumigen Entwicklung und der
räumlichen Strukturierung der Materie mit Hilfe der modernen Physik zu
beantworten. Ergebnis dieser Bemühungen ist das so genannte
Standardmodell der Kosmologie, das unser Universum mit einem Urknall
beginnen lässt und von einer Expansion dieses Universums ausgeht.
Dieses Standardmodell beinhaltet allerdings eine Vielzahl expliziter
und impliziter Annahmen und Voraussetzungen, die ihrerseits wieder im
Rahmen der philosophischen Kosmologie thematisiert und diskutiert
werden können:
Die Kosmologie unterscheidet sich klassischerweise von anderen
physikalischen Disziplinen insbesondere darin, dass ihr
Untersuchungsgegenstand, das Universum, definitionsgemäß nur einmal
vorhanden ist. Hieran schließt sich die folgende Frage an: Welche
Bedeutung hat diese Einmaligkeit oder Einzigartigkeit für die
Kosmologie als Wissenschaft? Die physikalischen Gesetze werden zudem
auf einen ungeheuer großen zeitlichen und räumlichen Bereich
extrapoliert. Welche Probleme, so fragt die philosophische Kosmologie,
könnten damit möglicherweise verknüpft sein?
Eine grundsätzliche Annahme stellt das Kosmologische Prinzip dar,
wonach die Welt im Großen und Ganzen homogen und isotrop ist. Welcher
Status, so prüft die philosophische Kosmologie, eignet diesem
Kosmologischen Prinzip? Der Anfang des Universums, der Urknall, ist
Gegenstand mathematischer Theorien und Spekulationen. Wie ist die Rede
von Multiversen oder Paralleluniversen aus wissenschaftstheoretischer
Sicht zu beurteilen? Im Standardmodell wird die Einführung einer
universellen Zeit im Newtonschen Sinne möglich, welche Bedeutung kommt
dieser Zeitkoordinate zu? |
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Philo V: Meister Eckhart – Spätmittelalterlicher Lese- und Lebemeister. |
Zeit |
19.-21. September 2008 |
Ort |
Butenschoen-Haus, Landau
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Organisation |
Dr. Katrin Platzer |
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Der
deutsche Philosoph und Theologe Meister Eckhart (ca. 1260-1328) ist
zweifellos einer der interessantesten Autoren des späten Mittelalters,
eine singuläre Erscheinung, die bis heute nichts von ihrer Faszination
verloren hat. Als gefragter akademischer Lehrer hat er philosophische
und theologische Werke von hohem spekulativem Niveau verfasst. Als
Prediger und geistlicher Berater hat er in deutschsprachigen Predigten
und Traktaten spirituelle Themen behandelt. In seinem
wissenschaftlichen Denken hat er sich von der Laienbewegung seiner Zeit
beeinflussen lassen, wobei er zugleich versucht hat, die scholastische
Gelehrsamkeit den ungelehrten Laien nahe zu bringen. Sein Denken war
vielen ein Anstoß zum eigenen Nachdenken, auf andere wirkte es aber so
anstößig, dass seine Kritiker einen Inquisitionsprozess gegen ihn
geführt haben, der die – allerdings postume – Verurteilung einiger
seiner Lehren zur Folge hatte.
Meister Eckhart gründet in der christlichen neuplatonischen Tradition,
seine Wirkung reicht jedoch zugleich weit über seine eigene Zeit
hinaus. Noch Hegel wird 1823/24 in Bezug auf Eckharts deutsche
Predigten sagen können: „Da haben wir es ja, was wir wollen!“. Eckharts
Philosophie, die die Philosophie eines Theologen und Spiritualen ist,
erscheint noch heute kontrovers: Einerseits muten die von ihm gewählten
Formulierungen paradox und provokativ an; andererseits erscheinen viele
Aspekte seines Denkens strittig: hierzu gehört sein Verhältnis zur
Philosophie des Thomas von Aquin – ist er ein wenig origineller Adept
oder ein religiöser Revolutionär? -, welche Rolle spielt sein Denken
für die Entwicklung des neuzeitlichen Idealismus?, wie sind seine 1329
von Johannes XXII. als Häresie (bzw. ‚der Häresie verdächtig‘)
verurteilten Thesen zu interpretieren – und nicht zuletzt die Frage, ob
man sein Denken zu Recht als Mystik bezeichnen darf und, wenn ja, in
welchem Sinne.
Anhand der Lektüre und Interpretation ausgewählter Texte soll im Rahmen
der Veranstaltung eine erste Einführung in sein Denken gegeben werden. |
Zusätzliche Empfehlungen für Teilnehmer der Philosophie-AG aus dem allgemeinen Seminarprogramm:
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Lab IV/2007: Wissenschaftstheorie für Einsteiger |
Zeit |
30. November - 02. Dezember 2007 |
Ort |
Butenschoen-Haus, Landau
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Organisation |
Dr. Katrin Platzer |
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Die
Wissenschaftstheorie bezeichnet ein Teilgebiet der Philosophie, das
sich – im Unterschied zu den Einzelwissenschaften – auf einer
metatheoretischen Ebene mit den einzelwissenschaftlichen Disziplinen
sowie mit der Wissenschaft als solcher beschäftigt, das heißt mit den
Voraussetzungen, Methoden und Zielen von Wissenschaft und ihrer Form
der Erkenntnisgewinnung.
Die Auseinandersetzung mit der Frage nach der richtigen und exakten
Erkenntnisgewinnung ist eine zentrale Frage der Philosophie, die seit
Menschengedenken von großen Denkern verfolgt wird. Die
Wissenschaftstheorie als eigenständige Teildisziplin nimmt jedoch ihren
Ausgang in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts mit der Gründung
des sog. Wiener Kreises, der zum Neopositivismus führte.
Als klassische Problemstellungen der relativ jungen philosophischen
Teildisziplin können die folgenden Punkte bezeichnet werden:
Argumentation und Begründung, Struktur und Bedeutung von Theorien, das
Verhältnis von Theorie und Empirie, das Verhältnis von Theoriebildung
und Wirklichkeit, Interdisziplinarität und Transdisziplinarität sowie
die Frage nach dem Fortschritt der Wissenschaft.
Im Rahmen des Seminars werden wir u.a. folgende Fragen zu beantworten
versuchen: Wodurch ist wissenschaftliche Erkenntnis gekennzeichnet?
(z.B. Erklärung, Vorhersage). Was zeichnet wissenschaftlichen
Erkenntnisgewinn aus? (Methode) Welchen erkenntnistheoretischen Status
haben wissenschaftliche Theorien? Was ist wissenschaftliche Wahrheit?
Gibt es wissenschaftlichen Fortschritt?
Das Seminar ist für natur- wie geisteswissenschaftlich Interessierte
gleichermaßen geeignet, da grundsätzliche Anregungen vermittelt werden,
um wissenschaftliche Zusammenhänge kritisch zu reflektieren. Wir werden
uns darum auch mit Themen wie Begriff, Definition, Beobachtung,
Experiment, Messung, Theorie, Erklärung, Prinzipien, Naturgesetz,
Interpretation, Modell, Reduktion, Rationalität, usw. auseinandersetzen. |
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Lab I/2008: Homo ludens – Eine Einführung in die Kulturphilosophie des Spiels. |
Zeit |
25.-27. Januar 2008 |
Ort |
Butenschoen-Haus, Landau
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Organisation |
Dr. Katrin Platzer |
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Spielen
ist das älteste bekannte Kulturphänomen überhaupt, es ist älter als
Sprache, Schrift und Kunst, ja sogar älter als der Mensch, denn auch
viele Tiere spielen. Trotz seiner Bedeutung für unseren Alltag wandte
die Wissenschaft dem Sachverhalt Spiel keine Aufmerksamkeit zu.
Friedrich Schiller betonte als Erster in seinen Briefen „Über die
ästhetische Erziehung des Menschen“ die Bedeutung des Spielens und
wandte sich gegen die Spezialisierung und Mechanisierung der
Lebensvollzüge. Insofern formulierte Schiller auch die berühmte
Sentenz: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Der niederländische Geschichtsprofessor Johan Huizinga brachte das
Konzept des spielenden Menschen, das sich durch
Persönlichkeitsentfaltung, Zufallsorientierung und Handlungsfreiheit
auszeichnet, mit seinem kulturanthropologischen Werk Homo ludens im
Jahre 1938 in die akademische Auseinandersetzung. Huizinga fragt: Was
ist und worauf gründet Kultur? Ihn interessiert das Spiel weniger als
Kulturerscheinung, sondern eher als formative Kraft von Kultur. Er
arbeitet heraus, dass sich kulturelle Systeme wie Politik,
Wissenschaft, Religion, Recht, usw. aus spielerischen Verhaltensweisen
und Interaktionsformen entwickelt (Selbstorganisation) und über
Ritualisierungen allmählich institutionell etabliert haben.
Herbert Marcuse schließlich übte in seinem 1967 erschienenen Werk „Der
eindimensionale Mensch“ – ähnlich wie Schiller - Kritik an der
Reduzierung der menschlichen Lebensweise. Beide fordern eine
Rückbesinnung auf das Ästhetische und Spielerische, um
Persönlichkeitsentfaltung und autonome Selbstwerdung zu unterstützen.
Ende der 1990er Jahre erschienen zahlreiche Veröffentlichungen zur
Thematik, die sich mit den Auswirkungen der wachsenden Nutzung von
digitalen Spielen auf die Gegenwartskultur und die Volkswirtschaft
kritisch auseinandersetzten. Die entstehende Wissenschaft wird – durch
einen 1999 erschienenen Artikel von Gonzalo Frasca angeregt – als
Ludologie bezeichnet.
Das Spiel ist eine grundlegende menschliche Aktivität, die Kreativität,
Energie und Kraft freisetzt. Insofern verfügt das Spiel über das
Potential, verfestigte Strukturen zu durchbrechen und Innovationen
hervorzubringen. Deswegen umfassen viele Kreativitätstechniken und
moderne Managementschulungen spielerische Elemente. Das Spiel ist eine
menschliche Aktivität, die Elemente einer Situation so verändern kann,
dass Neues und Unbekanntes entsteht und Lösungen für scheinbar
unlösbare Probleme gefunden werden können.
Das Seminar leitet die Frage, inwiefern sich Kultur als Spiel ereignet.
Im Hinblick hierauf können die bekannten Differenzen zwischen bloßem
Spiel und dem Ernst des Lebens ebenso thematisiert werden wie die
Konstellation von Realität und Virtualität, Simulation und Imitation.
Das Seminar beinhaltet die gemeinsame Lektüre und Interpretation
einschlägiger Texte von Johan Huizingas klassischem Essay „Homo ludens.
Vom Ursprung der Kultur im Spiel“ (1938) bis zu Victor Turners
ethnologischen Analysen „Vom Ritual zum Theater. Der Ernst des
menschlischen Spiels“ (1989). |