Der Einfluss von Emotionen
Psychologische Studien haben gezeigt, dass Menschen, wenn sie starke Emotionen verspüren, die deontologische Option in Trolley Typ Dilemmata tendenziell bevorzugen. So zeigte sich zum Beispiel, dass ein Dilemma, bei dem die utilitaristische Option direkten physischen Kontakt fordert, zu mehr deontologischen Urteilen führt, als ein paralleles Dilemma ohne Kontakt.
Aber geht der Zusammenhang von Emotionen und moralischen Urteilen in solchen Dilemmata immer in dieselbe Richtung? Ein nuancierterer Blick könnte jedoch angebracht sein, denn Emotion ist nicht gleich Emotion. Wenn wir mit einem Trolley-Typ Dilemma konfrontiert sind, verspüren wir in der Regel Unwohlsein. Dieses Unwohlsein kann aber auf verschiedene Teile des Dilemmas gerichtet sein. So können wir uns schlecht fühlen, wenn wir an die Konsequenzen für den Einzelnen denken, im Fall, dass wir ihm Schaden zufügen (z.B., wenn wir ihn durch Umlenken des Bahnwagens töten würden). In diesem Fall bekommen wir das klassische Muster: mehr Emotion führt zu mehr deontologischen Urteilen. Anders sieht es auf, wenn wir das Schicksal der größeren Gruppe im Blick haben. Fokussieren wir unsere Aufmerksamkeit darauf, was mit der Mehrheit passiert, wenn wir nicht die utilitaristische Option wählen, so richtet sich unser Unwohlsein auf das potentielle Leid der größeren Gruppe. Das bedeutet: mehr Emotion führt zu mehr utilitaristischen Urteilen. Wir sehen also, dass je nachdem, wie unsere Aufmerksamkeit gelenkt wird, Emotionen sich unterschiedlich auf moralische Urteile auswirken.
Doerflinger, J. T., & Gollwitzer, P. M. (2020). Emotion emphasis effects in moral judgment are moderated by mindsets. Motivation and Emotion, 1-17.
Die Publikation ist im Rahmen des BMBF-geförderten Projektes "Modellprojekt eines bioethischen Diskurses zur Personalisierten Onkologie" (DisPersOnk, Fzk //01GP1775//) entstanden und stellt wesentliche Ergebnisse dieses interdisziplinären Modellprojektes vor. Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die gewährte Unterstützung, die die Durchführung dieses Projektes ermöglicht hat.